Der Aufbau des Bibliothekssystems im Königreich Ungarn und im Großfürstentum Siebenbürgen im neuen Reichsrahmen (1686/1690-1815)

  • István Monok Tokaj-Hegyalja Egyetem, Speculum Kutatócsoport vezetője

Abstract

 

Neben der Sprache ist– was die Kohäsion eines Reiches betrifft – der Ausbau des gemeinsamen Kultes vielleicht noch wichtiger, die Rolle der Bibliotheken mit eingerechnet. Nur die Wirtschaftsinteressen vor Augen war es niemals möglich, eine solche Gemeinschaft des gemeinsamen Kultes aufzubauen. Die gemeinsamen Prinzipien einer funktionierenden Wirtschaft können natürlich Teil des gemeinsamen Kultes werden, doch sie gehören nie den kultischen Grundlagen an.

Bei der Untersuchung der Buch-, Bibliotheks-, Lektüren- und Lesegeschichte des Königreichs Ungarn und des Großfürstentums Siebenbürgen im letzten Jahrhundert des Kampfes gegen das Osmanisch-Türkische Reich - von der Befreiung Wiens bis zu den Napoleonischen Kriegen - muss der Grundaspekt die Tatsache sein, dass wir über ein Land sprechen, das de facto drei: staatrechtlich zwei, in seiner wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Realität wiederum drei (Länder) bedeutet. Am Ende des ersten Drittels des 16. Jahrhunderts musste das Legislative- und Verwaltungszentrum das zugleich als Kultzentrum funktionierte von dem Ort fortziehen, an dem es während eines Zeitraums von sechshundert Jahren errichtet worden war, (Buda/Ofen; Esztergom/Gran), sodann bedurfte es nach der Befreiung dieser Orte von der Türkenherrschaft anderthalb Jahrhunderte, bis sie ihre einstige Residenzen neu besetzten konnten. Den Wiederaufbau und die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Neuorganisierung der zwei Länder – die Rede ist vom Königreich Ungarn und Siebenbürgen (die durch einen Konsens der Großmächte per Dekret dem Reich zugesprochen wurden; der Friede von Utrecht /1713/) – gedachte das Reichszentrum anders zu verwirklichen, als die Vertreter der örtlichen Macht.

Entlang den Kompromissen zwischen den Divergenzen der jeweiligen Absichten und der finanziellen Möglichkeiten ging der Ausbau der Bücherinfrastruktur der zwei Länder vor sich, das heißt, der Aufbau des Buchverlagswesens und des Buchhandelssystems, mitsamt den Kontrollmechanismen, die seitens der Zentralmacht sowohl politisch als auch kultisch installiert wurden. In diesem Kraftfeld entstand ein eigentümliches Bibliothekssystem, das versuchte, dem Muster anderer Länder des Reiches zu folgen. Während dessen ging auch innerhalb dieser Länder entlang voneinander abweichenden wirtschaftlichen, kirchlichen und kulturellen (auch noch durch die ethnische Vielfalt bedingte) Interessen ein Wandlungsprozess im Geist und Denken vor sich, als Reaktion auf direkte deutsche und italienische, sowie indirekte französische Einflüsse. Andere kulturelle Einflüsse tauchten nur sporadisch auf. Von einem maßgeblichen englischen (insularen) Einfluss können wir um diese Zeit noch nicht sprechen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass während eines ausgedehnten Jahrhunderts nach dem Ende der Türkenherrschaft im Königreich Ungarn und in Siebenbürgen ein mit dem Habsburger-Reich konformes Bibliothekssystem entstand.

Eine weitere Frage ist, in wieweit die inhaltliche und sprachliche Zusammensetzung der Bibliotheken anders war, als die Sammlungen anderer Regionen des Reiches.

Veröffentlicht
2023-03-29
Rubrik
Tanulmányok